Alles zum Thema Fersensprung

Was ist eigentlich ein Fersensprung?

Wenn man sich mit Barfußschuhen auseinandersetzt, stolpert man sehr schnell über diesen Begriff. Was ist das genau, warum ist er „böse“, und ab wann? Diese Fragen wollen wir hier klären.

Definition: der Fersensprung

Der Fersensprung bezeichnet das Gefälle zwischen der Hacke eines Schuhs und der Schuhspitze.

Ist die Sohle völlig flach, also an der Ferse genauso dick wie unter den Zehen, gibt es keinen Fersensprung.
Ist die Sohle aber hinten dicker, dann halt schon!

Von außen ist dies nicht erkennbar, und meist auch nicht mit den Händen tastbar.

ein „normaler“ Absatz

Konventionelle Schuhe haben fast alle ein solches Gefälle, wie man an diesem Beispiel gut erkennen kann. Im klassischen Schuhhandel gelten Schuhe mit einem Absatz von 3 cm noch als „flach“. Oft ist das Gefälle höher, als man von außen vermuten würde, da über die Innenkonstruktion noch zusätzliche Materialien verbaut sind.

Selbst Kinderschuhe haben in der Regel einen Absatz von über einem Zentimeter. In dem Fall hier eine dicke, versteifende Pappe und sogar ein Metallstreifen. Aber hey, damit es nicht zu unbequem wird, hat man ein federndes Luftkissen unter der Ferse geschaffen…

Was ist das Problem mit dem Fersensprung?

Eine Erhöhung unter der Ferse verändert die Körperhaltung. Man steht auch bei einem kleinen Absatz schon im Hohlkreuz. Das kann sich negativ auf den ganzen Körper auswirken. Gelenke werden anders belastet, das Gangbild ändert sich. Verspannungen, Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und noch einiges mehr können mögliche Folgen sein.

Ein weiteres Problem ist, dass durch höhere Absätze (wie im Bild oben) der Fuß zudem im Schuh nach unten/vorne rutschen kann. Dadurch werden die Zehen gestaucht, besonders wenn die Schuhe zu locker sitzen.

Die Idee hinter den Minimalschuhen ist ja: so viel Schuh wie nötig, so wenig Schuh wie möglich. Daher passen solche Fersensprünge nicht in unser Konzept!

Ab wann macht ein Fersensprung Probleme?

Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. In Studien wurde nachgewiesen, dass ein Fersensprung von 4 mm bei Erwachsenen schon messbare Veränderungen provoziert. Allerdings sind diese Veränderungen noch nicht groß, und geringer als beim Wechsel von „komplett barfuß“ auf „Barfußschuh mit Nullsohle“. Über die gesundheitlichen Konsequenzen dieser minimalen Auswirkungen gibt es, soweit wir aktuell wissen, keine fundierten Erkenntnisse. Und wir haben auch keine Studien gefunden, die kleinere Differenzen untersucht haben.

Wir gehen da aber lieber auf Nummer sicher und streben natürlich eine reine Nullsohle als Ideal an.

Kann ein Fersensprung Vorteile haben?

Wenn die Sohle unter der Ferse etwas dicker ist, ist das möglicherweise in Sachen Verschleiß erst mal eine gute Sache.

Unsere Untersuchungen an getragenen Schuhen haben gezeigt, dass durch den Abrieb bei der Benutzung nach wenigen Wochen/Monaten (je nach Intensität der Nutzung) die Sohle an den Fersen oft schon 1-2 mm niedriger ist als beim Originalschuh. Daher sind so kleine Fersensprünge sehr relativ zu betrachten.

Letztendlich führt die übliche Abnutzung bei Schuhen mit Nullsohlen dazu, dass ein geringer Negativ-Fersensprung entstehen kann. Die Ferse steht dann manchmal minimal tiefer als die Zehen.

Jeder Schuh ist immer ein Deal, den man eingeht – nur barfuß ist barfuß!

Wie messen wir den Fersensprung?

Wir haben ein elektronisches Gerät, mit dem wir das auf den Zehntelmillimeter genau messen können. Wir messen mit einem 1 Kilo Gewicht auf einer Fläche von einem halben Quadratzentimeter, um vergleichbare Werte zu erhalten. Oft schneiden wir dann auch ein exemplarisches Schuhmodell auf, um diese Messwerte zu prüfen und als „Fotobeweis“ an den Hersteller zu senden.

Seit März 2025 tun wir dies bei allen Schuhen, die neu geliefert werden. Seitdem messen wir auch die Stapelhöhe, aber das ist ein anderes Thema.

Vorher haben wir nur bei Verdachtsfällen einen Schuh „geschlachtet“, wenn beim Tasten des Schuhs etwas auffiel.
Kleinste Differenzen sind aber auch mit viel Erfahrung nicht akkurat tastbar!

Wo ziehen wir die Grenzen?

Differenzen über 1 mm deklarieren wir in unseren Artikelbeschreibungen und entfernen die Markierung „Nullsohle“. Kleinere Differenzen von einem halben Millimeter kommen häufig durch Produktionstoleranzen sowie die Konstruktion des Schuhs zu Stande. Je nach Konstruktionsart bzw. Schuhmodell ist das nicht immer zu verhindern.

Ganz ehrlich – bei so superkleinen Differenzen sind keine negativen gesundheitlichen Folgen zu befürchten.
Davon sind wir fest überzeugt!

Differenzen über 2 mm führen dazu, dass wir den Schuh zusätzlich abwerten und als „Kompromißschuh“ ausweisen. Gerade bei den ganz kleinen Kindergrößen finden wir 2 mm nicht mehr gut.

Wissentlich kaufen wir keine Schuhe nach (oder neu ein), die wegen des Fersensprungs als Kompromißschuh deklariert werden müssen.

Ursachenforschung

Wieso kommt es eigentlich immer wieder vor, dass auch bei „echten Barfußschuhen“ ein Fersensprung festgestellt wird? Sollten es die Hersteller nicht besser wissen?

Hier kann es eine Vielzahl von Gründen geben.

  • konstruktionsbedingte Umstände: gerade sehr kleine Differenzen bis zu 1,5 mm sind häufig produktionsbedingt, und nicht so einfach loszuwerden. Teils liegt es daran, dass das Material vom Oberschuh unter die Sohle umgeschlagen werden muss. Durch die übereinander liegenden Materialien können kleine Differenzen über die ganze Länge des Schuhs entstehen. Manchmal müssen die Fersen der Schuhe verstärkt werden, da die Minimalsohlen ZU minimalistisch waren, und in dem Bereich schnell Löcher durch die Abnutzung des weichen Materials entstanden. Um den Schuh nicht unnötig steif werden zu lassen, verstärken manche Hersteller dann punktuell die Fersen, wo es besonders nötig ist.
  • fehlende Sensibilisierung in den Schuhfabriken und bei den Sohlenproduzenten: beide kommen fast ausnahmslos aus der klassischen Schuhwelt. In dieser Welt kommt niemand auf die Idee, sich über Millimeter Gedanken zu machen.
  • kleine (heimliche, eigenwillige) Änderungen in der Produktion: manchmal waren die Samples der Fabrik super, und im Endprodukt haben wir durch zusätzlich eingebaute Materialien dann einen Fersensprung festgestellt. Die Fabriken machen sowas mit den besten Absichten – und teils weil sie es „immer so machen“ durch die lang etablierten Regeln des konventionellen Schuhs.
  • fehlende Kontrolle durch die produzierende Marken: selbst alteingesessen Barfußmarken kommen oft nicht auf die Idee, das Endprodukt mal aufzuschnibbeln, um die Konstruktion zu überprüfen. Sie gehen davon aus, dass sie bekommen, was sie bestellt haben.
  • es gibt keinen Standard*: was sich noch Barfußschuh nennen kann und was nicht, ist nirgends offiziell festgelegt. Daher gibt es unterschiedliche Auffassungen, was okay ist, und wo es aufhört. Es gibt mindestens zwei alteingesessene Minimalschuh-Hersteller, die keine Probleme darin sehen, einen geringen Fersensprung bis 3 mm einzubauen. Das geschieht teils, um den Schuh robuster zu machen, aber teils auch, um ihn komfortabler zu machen. Manchmal handelt es sich auch nur um kleine Polster unter der Einlegesohle.

Häufig erfahren die Marken erst durch uns von dem Fersensprung in ihren Schuhen. Und manchmal sagen sie: „Echt jetzt? Ihr regt euch über einen Millimeter auf?“.

Wir betreiben hier sehr viel Aufklärungsarbeit und beraten die Hersteller. In der Regel sind sie dankbar für unser Feedback und passen die Produktion entsprechend an. Manchmal sind Anpassungen konstruktionsbedingt nicht möglich.

Disclaimer:

Wir sind keine Wissenschaftler. Alle Angaben hier wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen.

Wir lernen gerne dazu: wenn du fundierte wissenschaftliche Informationen findest, die im Widerspruch zu unseren Erkenntnissen stehen, teile sie gerne mit uns. Wir lernen gerne dazu!

*wir arbeiten gerade daran, einen zu schaffen … 😉